der dritte ort | 2019

Ausstellungsansicht Kunsthaus Zofingen Foto: Rachel Bühlmann

Multimediainstallation | Projektionswand 9,3 m x 4.5 m | Beamer | Player | 4K Video 8:13 Min. | Lautsprecher | Virtual-Reality Brille | 360° Video 8:13 Min. | Spotlicht
Für unsere Videoarbeit im Kunsthaus Zofingen im Rahmen der «neoscope 19» haben wir ein Treffen mit den ehemaligen Aktivisten der zofiscope 74 und der drei neoscopes organisiert. Die Aufnahmen fanden im oberen grossen Saal statt. Die Beteiligten stehen in Grüppchen verteilt und sprechen miteinander. Nach einem
bestimmten Zeitpunkt schauen alle in die Kamera, sprich in den Zuschauerraum. Einige Sekunden später
wenden sie ihre Blicke wieder ab und setzen ihre Gespräche fort. Dieser Vorgang wird endlos wiederholt.
Die Filmaufnahmen werden auf eine Leinwand projiziert, die die vollständige hintere Wand des Saals gegenüber dem Eingang füllt. Der Raum wird sozusagen virtuell verdoppelt. In der Mitte des Saals hängt eine Virtual Reality-Brille von der Decke, die der Besucher aufsetzen kann. Zu sehen ist die gleiche Szene, die man schon auf der grossen Leinwand beobachten konnte, nur steht der Besucher nun inmitten der gruppierten Aktivisten und deren Gesprächen.
Ob man den Diskutierenden in Distanz steht und sie auf der Leinwand betrachtet oder sich mitten unter sie
begiebt, mit ihenen in den Raum blickt oder sich einfach sonst umschaut durch die Möglichkeit der
Rundumschau der 3600 Aufnahme, ist jedem Betrachter freigestellt. Ein Spiel zwischen Distanz und
Zugehörigkeit von Künstler und Betrachter, Leben und Kunst, sich und sich selbst....
Der Titel unserer Arbeit «Der dritte Ort» (Third Place) bezieht sich auf einen Fachausdruck des Soziologen Ray Oldenburg, der im Buch “The Great Good Place“ (1999) eingeführt wird und der neben dem eigenem Heim
(Erster Ort) und dem Arbeitsplatz (Zweiter Ort) zum Funktionieren einer Gesellschaft beiträgt.
Unter Dritten Orten werden städtische Begegnungsräume (gathering spaces) verstanden, in denen sich
Menschen sowohl versammeln als auch trennen können – und in denen Öffentlichkeit hergestellt wird,
z.B. Cafés, Restaurants, Kneipen, Galerien, Bibliotheken, Museen, Theater, Buchläden oder Kirchen.
Die Idee der zofiscope 74 war es, dass die Leute sich unter Anleitung profilierter Künstler selbst zum Ausdruck bringen sollten. Das ungeschliffene Laienhafte - nicht das Kunstschöne, sondern die Arbeit an der Gesellschaft
war Programm. Die zofiscope 74 wollte spielerisch und mit Hilfe künstlerischer Ausdrucksformen ein neues gesellschaftliches Bewusstsein schaffen.
In diesem Sinne ist unsere Arbeit als eine Art «Reenactment» zu verstehen.